VNBS trauert um Urgestein Dieter Bracke

Dieter Bracke bei der telefonischen Recherche in seinem Büro in der NZ. Jahrzehntelang ließ er dort die Drähte glühen. Foto: NZ

Dieter Bracke bei der telefonischen Recherche in seinem Büro in der NZ. Jahrzehntelang ließ er dort die Drähte glühen. Foto: NZ

Der VNBS trauert um ein Urgestein: Der langjährige 1. Vorsitzende Dieter Bracke verstarb am 11. April im Alter von 84 Jahren. Geschäftsführer Harald Büttner, der mit dem Grandseigneur des fränkischen Sportjournalismus jahrzehntelang zusammengearbeitet hat und sein Nachfolger als Sportchef der Nürnberger Zeitung war, erinnert an eine Koryphäe der Zunft – und an einen guten Freund.

Bei unserem letzten Telefonat Ende März war ich fest davon überzeugt, dass es ihm wieder besser geht. Da grantelte Dieter Bracke in seiner unverwechselbaren Art über den ein oder anderen Druckfehler in der Zeitung, über den Club und über diverse Verwerfungen in Politik und Gesellschaft. Okay, wenn er sich aufregen kann – und ich konnte mir genau vorstellen, wie er dabei grimmig die Miene verzog – dann ist alles gut. Dann ist er in seinem Element. Leider ein Trugschluss.

Dieter Bracke pflegte intensive Dialoge mit seinen Gesprächspartnern. Foto: Wolfgang Zink

Dieter Bracke pflegte intensive Dialoge mit seinen Gesprächspartnern. Foto: Wolfgang Zink

Um das gleich mal klarzustellen: Dieter war nie jemandem wirklich böse. Er hat die Menschen gemocht, war außerordentlich kontaktfreudig, immer fürsorglich und hilfsbereit. Doch Kritik zu üben, auf Missstände hinzuweisen, das war sein Job, seine Berufung. Ungerechtigkeit – egal, in welchen Bereichen – das brachte ihn auf die Palme. Dieter, eine Koryphäe der Branche, hatte halt seine Ecken und Kanten.

Oft waren es auch die kleinen Dinge, die seine Contenance ins Wanken brachten. So etwa, wenn ein Fernsehreporter vom „vertikalen Pass in die Schnittstelle“ referierte oder die These zum Besten gab, „dass in der Box der Zugriff fehlt“. Neumodische Konstrukte des Fußballjargons waren ihm ein Gräuel: „Das ist nicht mehr meine Welt.” Und wehe, wenn im Stadion ein Eckballverhältnis auf der Anzeigetafel erschien, das nicht konform ging mit seiner Strichliste…

Fußball war sein Leben. Fast drei Jahrzehnte lang düste der langjährige Ressortleiter und Stellvertretende Chefredakteur der Nürnberger Zeitung um die Welt, immer dem runden Leder hinterher. Über die Olympischen Spiele 1972, fünf Welt- und sechs Europameisterschaften hat Dieter Bracke berichtet, Anekdoten dazu hatte er in launiger Runde stets parat.

Immer zu einem Späßchen aufgelegt: Hier plauderte Dieter Bracke angeregt mit dem damaligen Fürther Trainer Mike Büskens. Foto: Wolfgang Zink

Immer zu einem Späßchen aufgelegt: Hier plauderte Dieter Bracke angeregt mit dem damaligen Fürther Trainer Mike Büskens. Foto: Wolfgang Zink

Die großen Turniere (heute würde man „Events“ sagen, sorry, Dieter!) haben ihn auf fast alle Kontinente geführt. Und das in Zeiten, als Journalisten mit der Nationalmannschaft unter einem Dach wohnten und abends an der Hotelbar mit dem Bundestrainer einen Plausch halten konnten. Kein Wunder also, dass ihm Jahrzehnte später noch Franz Beckenbauer auf die Schulter klopfte, Otto Rehhagel ihn umarmte oder Lothar Matthäus mit ihm schäkerte, wenn man sich bei irgendeinem Termin über den Weg gelaufen ist.

Das Zeitungsmachen faszinierte Bracke, in Breslau geboren und in Oberfranken aufgewachsen, seit jeher. Erst absolvierte er eine Schriftsetzerlehre, dann volontierte er bei der Oberfränkischen Volkszeitung in Hof, „wo ich ins kalte Wasser geworfen wurde und mich freischwimmen musste“. Es folgten fünf Jahre in der Lokalredaktion der Frankenpost, ehe der begeisterte Hobbyfußballer Ende der 1960er Jahre zur NZ nach Nürnberg wechselte.

Die letzte deutsche Meisterschaft des 1. FCN 1968, zahlreiche Ab- und Aufstiege des Clubs, den Wandel beim benachbarten Kleeblatt: Mit konstruktiver Kritik und bissigen Kommentaren hat der kompetente, manchmal streitbare, aber nie unversöhnliche Beobachter die Entwicklung im fränkischen Sport bewertet. Auch im (Un-)Ruhestand pilgerte Bracke viele Jahre lang noch ins Stadion. Zuletzt immer häufiger aber auch zu den Plätzen der Amateure, wo die Box meistens noch Strafraum heißt. Bis vor fünf Jahren unterstützte er „seine“ NZ-Sportredaktion als Freier Mitarbeiter.

Mit gestrengem Blick auf der Tribüne - so bleibt Dieter Bracke den Kolleginnen und Kollegen in Erinnerung. Foto: Wolfgang Zink

Mit gestrengem Blick auf der Tribüne - so bleibt Dieter Bracke den Kolleginnen und Kollegen in Erinnerung. Foto: Wolfgang Zink

Bracke, dessen Stimme viele Jahre auch beim Lokalsender „Radio F“ als Fußballreporter zu hören war, engagierte sich auch in der Verbandsarbeit seiner Zunft. Zwölf Jahre lang arbeitete er im Präsidium des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS) mit, fungierte bei Fußball-Weltmeisterschaften als Verbindungsmann zwischen Kollegen und DFB. Rekordverdächtige 34 Jahre lang – von 1974 bis 2008 – führte er den nordbayerischen Regionalverein VNBS. In seiner Heimatstadt Stein saß er in jüngeren Jahren für die SPD im Stadtrat.

Seit einem Jahr gesundheitlich stark angeschlagen, hatte er seinen 85. Geburtstag im Mai und ein paar Monate später den 60. Hochzeitstag mit seiner Frau Brigitte fest im Visier. Doch am 11. April ist er sanft entschlafen. Die Trauerfeier findet im engsten Kreis statt. Für uns wird Dieter unvergessen bleiben, auch wenn wir seine bärbeißige Stimme nicht mehr hören können.                                                                Harald Büttner

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