Corona machte dem VDS und seinen Regionalvereinen mehrmals einen Strich durch die Rechnung – bis zum 23. Mai 2022. Erstmals seit Beginn der Pandemie konnte der Verband Deutscher Sportjournalisten gemeinsam mit den Delegierten von der Basis wieder eine Präsenzveranstaltung durchführen. Im Deutschen Fußball-Museum in Dortmund ging die VDS-Hauptversammlung über die Bühne. Am Abend folgte die Gala mit den Ehrungen in den VDS-Berufswettbewerben. Für den VNBS war der 1.king size sheets
Vorsitzende Uli Digmayer vor Ort. Hier sein Bericht:
Der Mann, dessen berufliche Zukunft aktuell die Sportberichterstattung beschäftigt, war auch an diesem festlichen Montagabend im Deutschen Fußballmuseum allgegenwärtig. Ob Robert Lewandowski nun weiterhin für den FC Bayern stürmt oder vielleicht doch zum FC Barcelona wechselt, konnte auch bei der VDS-Gala in Dortmund nicht abschließend geklärt werden. Dafür hat sich der polnische Ausnahmekicker ein weiteres Mal in der deutschen Sportgeschichte verewigt – als Motiv des Sportfotos des Jahres 2021.
„Es war einmal in Kiew“ ist die unter kniffligen Bedingungen im dichten Schneegestöber entstandene Aufnahme überschrieben, sie zeigt einen von Sebastian Widmann (VMS) perfekt festgehaltenen Fallrückzieher des Münchner Torjägers beim Champions-League-Spiel im November 2021 in einer damals noch nicht von russischen Soldaten überfallenen Ukraine. Ein Aspekt, der dem Schnappschuss eine bittere historische Note verleiht.
Aber auch alle weiteren der 915 eingesandten Fotos, die an diesem Abend prämiert wurden, zeugen von feiner Beobachtungsgabe, technischer Brillanz, journalistischer Leidenschaft und dem Gespür für den richtigen Moment. Ein Niveau, dem die Preisträger der anderen Berufswettbewerbe mit ihren Beiträgen, ob für Print, Online, Hörfunk oder TV, in nichts nachstanden. „Wir haben tolle Beispiele von großartigem Journalismus, den wir im Sport nach wie vor in Deutschland vorzeigen können“, schwärmte VDS-Präsident Andre Keil zu Beginn der von seinem „Vize“ Arno Boes mit gewohnt sonorer Stimme souverän moderierten und von einem heftigen Gewitter umrahmten Veranstaltung.
Wie man diesen Journalismus weiterhin bestmöglich fördern und seine Interessen vertreten kann, darüber hatte man sich auch in der am Nachmittag vorausgegangenen Hauptversammlung viele Gedanken gemacht. Wegen der Pandemie war das turnusmäßige Treffen der Regionalvereine vom 28. März auf den 23. Mai verschoben worden, trotzdem hatte Corona auch diesmal noch seine Spuren hinterlassen. Viele teils kurzfristige Absagen bescherten ein ungewohnt kleines Teilnehmerfeld, mit Hamburg, Osnabrück, Saarland, Schleswig-Holstein, Württemberg, Wiesbaden-Mainz und Sachsen waren gleich sieben Landesverbände (und damit rund 1000 Stimmen) gar nicht vertreten.
Der Rest erlebte eine knapp vierstündige Sitzung in konstruktiver Arbeitsatmosphäre, in deren Mittelpunkt der einstimmig vollzogene Beschluss einer neuen Satzung stand. Die bisherige Fassung mit ihren 43 Paragrafen bedurfte zum einen einer gewissen sprachlichen Renovierung, zudem wurden „zwingend notwendige Änderungen“ (Keil) und Ergänzungen vorgenommen. So ist nun etwa juristisch unanfechtbar verankert, dass Hauptversammlung, Wahlkongress und Verbandsrat auch virtuell durchgeführt werden können – die nächste Pandemie kommt bestimmt. Gestrichen wurde der für Neuzugänge bislang obligatorische Aufnahmebeitrag. „Es bringt uns finanziell nicht viel außer einem hohen Verwaltungsaufwand“, erklärte der neue Schatzmeister Wolfram Köhli, zudem erhoffe man sich durch den Verzicht Vorteile in der Außenwirkung.
Denn nach wie vor hat der Verband Mühe, junge Kolleginnen und Kollegen für einen Beitritt zu begeistern, während er auf der anderen Seite aus verschiedensten Gründen (Berufswechsel, Rente, Tod) immer mehr Mitglieder verliert. Diesen Negativtrend zu stoppen, dürfte in den nächsten Jahren eine der Kernaufgaben des Präsidiums sein. Eine von Keil initiierte Befragung soll Aufschluss geben, was sich gerade junge Menschen vom VDS konkret erwarten.
In diesem Zusammenhang wurde auch die Diskussion um die Notwendigkeit einer Strukturreform neu entfacht. Als „nicht mehr zeitgemäß“ bezeichnete Klaus Göntzsche (VWS) die traditionelle Aufteilung in zum Teil eher kleinere Regionalvereine innerhalb eines Bundeslandes – was durchaus auf Widerspruch eben jener „Exoten“ wie dem bayerischen Dreigestirn aus München, Augsburg/Allgäu und Nordbayern stieß, die nach wie vor gut funktionieren und Wert auf ihre Eigenständigkeit legen. Wie Keil betonte, sei das gemäß Satzung auch nicht Sache des VDS-Präsidiums, die Initiative für eventuelle Fusionen müsste von den Vereinen selbst ausgehen.
Trotz dieser Probleme sieht Keil aber „keinen Grund zur Schwarzmalerei“. Der Verband gehe „keinen schlechten Zeiten entgegen“, wehrte sich der Mecklenburger gegen diffuse Zukunftsängste und verwies auf die deutlich gestiegene politische Bedeutung und öffentliche Wahrnehmung des VDS sowie die wichtige berufsständische Arbeit, die man mehr denn je verrichtet. „Wir dürfen uns auch mal auf die Schulter klopfen und ein bisschen stolz auf uns sein“, befand Keil.
Und der Tatendrang ist ungebremst: So steigt etwa vom 13. bis 15. Juni in Oberhausen das zweite VDS-Sportfilmfest, das Beisitzer Thorsten Poppe als festen Teil des Veranstaltungskalenders etablieren möchte. Vizepräsidentin Elisabeth Schlammerl beschäftigt sich mit den Arbeitsbedingungen im Profifußball nach Corona, Arno Boes kündigte für den Sommer einen Rebrush der VDS-Homepage an, Wolfram Köhli bastelt an einer Datenbank. Und der unermüdliche Ehrenpräsident Erich Laaser möchte in einer Studie nach Vorbild des „Kicker“ die Rolle des VDS im Nationalsozialismus aufarbeiten lassen – idealerweise rechtzeitig zum 100-jährigen Bestehen im Jahr 2027.
Auf ein exzellent funktionierendes Rädchen im Getriebe müssen die deutschen Sportjournalistinnen und Sportjournalisten künftig allerdings verzichten. Ute Maag, die dem VDS seit fast 20 Jahren nicht nur eine fleißige, kompetente und stets verlässliche Geschäftsführerin war, sondern auch so etwas wie seine gute Seele, hat zum 31. Juli gekündigt. Ein Abschied, der mit großem Bedauern aufgenommen, aber auch von anerkennendem Applaus und viel Lob und Dank für die geleistete Arbeit begleitet wurde. „Ich möchte in meinem Leben noch mal etwas anderes Spannendes machen“, erklärte Maag. Ein Satz, den man so ähnlich vielleicht bald auch von Robert Lewandowski hören könnte. Uli Digmayer